Corona mit mildem Verlauf Bis zu 50 Prozent der Geimpften werden sich infizieren

Von Jana Zeh Freitag, 29. Oktober 2021

Die Nachrichten von Infektionen trotz Impfung halten an. Das verwirrt manche. Obwohl bekannt ist, dass die Covid-19-Impfung nicht 100-prozentig vor einer Infektion, sondern vor allem vor einem schweren Verlauf schützt, braucht es mehr Aufklärung. Die wichtigsten Antworten. Auch Geimpfte, die sich krank fühlen, sollten sich testen lassen.
(Foto: picture alliance / CHROMORANGE)

Die vierte Corona-Welle rollt auch auf Deutschland zu. Unter den Infizierten ist dem Wochenbericht des Robert-Koch-Instituts (RKI) zufolge rund jeder Dritte vollständig geimpft. Diese Fälle werden als Impfdurchbrüche bezeichnet. Von Experten sind sie genauso erwartet und vorhergesagt worden, denn keine Impfung kann einen 100-prozentigen Schutz bieten. "Wir werden eine Welle der Geimpften bekommen. Der Impfschutz bezüglich der Ansteckungsfähigkeit beträgt gegen die Delta-Variante nur 50 bis 70 Prozent, bei Astrazeneca eher noch weniger. Das heißt, drei bis fünf Menschen von zehn, die geimpft wurden, können sich infizieren und das Virus auch weitergeben", sagte Alexander Kekulé im Gespräch mit ntv.de. Das Gefühl von Sicherheit, das viele Covid-19-Geimpfte gern hätten, muss also relativiert werden. Dennoch bleibt eine Impfung die beste Option für den persönlichen Schutz und den Schutz der Gesellschaft. Warum das so ist, klärt ntv.de hier.

Wissen 23.10.21

Alexander Kekulé zum Corona-Ende "Wir werden eine Welle der Geimpften bekommen"
Wie kommt es trotz Impfung zu einer Corona-Infektion?

Obwohl die in der EU zugelassenen Impfstoffe guten Schutz bieten, braucht das Immunsystem eine gewisse Zeit, bevor es auf den Krankheitserreger reagiert. Das Coronavirus kann dementsprechend nicht direkt nach Eintritt in den Körper eliminiert werden. Sars-CoV-2 nutzt diese Zeit, um sich zu vermehren und die Zellen im Körper zu infizieren. Doch durch die Impfung ist dieser auf das Virus gut vorbereitet und kann den Covid-19-Erreger wirkungsvoller und schneller als bei Ungeimpften bekämpfen. Je nach Gesundheitszustand des Betroffenen kann auf diese Weise sogar der Ausbruch der Krankheit verhindert werden. Doch das klappt nicht in jedem Fall. Die Immunsysteme von Menschen mit Vorerkrankungen, älteren und immungeschwächten Personen oder Patienten, die immununterdrückende Medikamente einnehmen, bilden einen geringeren Schutz durch die Impfung beziehungsweise baut sich der Impfschutz schneller ab. Aus diesem Grund wurden Booster-Impfungen für diesen Personenkreis von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlen.

Wie viele Geimpfte haben sich bisher infiziert?

Das kann niemand so genau sagen. Beim RKI wurden im Zeitraum vom 13. September bis zum 10. Oktober insgesamt 35.483 Impfdurchbrüche registriert. Das bedeutet: Ungefähr jeder dritte Infizierte verfügte über einen vollständigen Impfschutz. Auch bei den Impfdurchbrüchen gilt das Alter als ein wesentlicher Risikofaktor. Dem RKI zufolge waren unter den Covid-Erkrankten in diesem Zeitraum 2,6 Prozent 12- bis 17-Jährige, 31,6 Prozent 18- bis 59-Jährige und 55,4 Prozent über 60-Jährige. Die Dunkelziffer von Infektionen bei Geimpften könnte jedoch noch höher sein. Der Grund: Eine Reihe von Menschen hat wahrscheinlich gar nicht bemerkt, dass sie bereits mit Sars-CoV-2 infiziert war. Insgesamt schätzt das RKI die "Gefährdung durch Covid-19 für die Gesundheit der nicht oder nur einmal geimpften Bevölkerung in Deutschland" weiterhin als hoch ein. Für vollständig Geimpfte wird die Gefährdung hingegen als moderat eingeschätzt.

Welche Symptome haben Infizierte, die geimpft sind?

Insgesamt sind bei der Mehrzahl der Geimpften mit Covid-19 die Symptome schwächer ausgeprägt als bei ungeimpften Covid-19-Patienten. Neben den klassischen Covid-19-Symptomen wie Fieber, Husten und Atembeschwerden leiden manche geimpfte Covid-19-Patienten auch unter Schnupfen und Ohrenschmerzen. Beides Krankheitszeichen, die bisher nicht als typische Covid-19-Symptome angesehen wurden. Einer Studie zufolge steigt bei Geimpften nach der ersten Dosis die Wahrscheinlichkeit, dass die Infektion ohne Symptome verläuft, um 63 Prozent und nach der zweiten Dosis sogar um 94 Prozent.

Sind Geimpfte mit einer Sars-CoV-2-Infektion ansteckend?

Tatsächlich können auch geimpfte Personen mit einer Sars-CoV-2-Infektion andere Menschen anstecken - ganz egal, ob sie selbst Symptome haben oder nicht. Bei Personen, die trotz Impfung PCR-positiv oder asymptomatisch infiziert waren, zeigte sich aber eine erhebliche Reduzierung der Viruslast. Das mindert das Ansteckungsrisiko. Außerdem ist der Zeitraum, über den das Virus ausgeschieden wird, deutlich kürzer als bei Ungeimpften. Wissenschaftler schlossen im Sommer 2021 daraus, dass Geimpfte bei der Epidemiologie der Erkrankung keine wesentliche Rolle mehr spielen.

Müssen Geimpfte, die sich infiziert haben, trotzdem in Quarantäne?

Unabhängig vom Impfstatus und vom Wohlergehen gilt: Wer sich nachweislich mit dem Coronavirus infiziert hat, muss sich sofort in Quarantäne begeben. Das soll andere vor Ansteckung bewahren und die Ausbreitung des Virus stoppen. Wie lange man in Quarantäne bleiben muss, entscheidet letztendlich das zuständige Gesundheitsamt, das sich telefonisch mit jedem Infizierten in Verbindung setzt. Die Dauer dieser Maßnahme beträgt mindestens 14 Tage und endet nicht automatisch. Sie kann jedoch zwischen Geimpften und Ungeimpften variieren. Letztendlich entscheidet das örtliche Gesundheitsamt darüber.

Wie stark sind Geimpfte von Long Covid betroffen?

Auch geimpfte Personen, die sich mit Sars-CoV-2 infizieren, können später unter langanhaltenden Symptomen leiden, die als Post Covid oder Long Covid bezeichnet werden. Doch auch hier ist das Risiko wesentlich geringer im Vergleich zu Ungeimpften. Britischen Forschern zufolge nimmt das Risiko im Vergleich zu nicht geimpften Personen um mehr als 50 Prozent ab. Gleichzeitig sind Schweregrad der Long-Covid-Symptome und Auswirkungen der Erkrankung bei geimpften Patienten deutlich niedriger als bei Ungeimpften.


Quelle: ntv.de